Levon Aronian gewinnt das WR Chess Masters in Düsseldorf (2024)

Levon Aronian hat das WR Chess Masters 2023 gewonnen. Nachdem nach 9 Runden gleich drei Spieler punktgleich auf dem ersten Platz gelegen hatten, gewann Aronian das Schnellschach-Playoff gegen Gukesh D und Ian Nepomniachtchi.

Zuerst hatten die Spieler aber noch die neunte Runde zu absolvieren. Die nach 8 Runden punktgleich in Führung liegenden Aronian und Gukesh verzichteten darauf, eine Entscheidung im klassischen Schach zu erzwingen und einigten sich auf ein schnelles Remis, das beiden einen Platz im Playoff garantierte. Da Ian Nepomniachtchi dann seine Partie mit Schwarz gegen Vincent Keymer gewinnen konnte, zog er mit den beiden gleich und somit waren drei Spieler für das Playoff qualifiziert: Aronian, Gukesh und Nepomniachtchi.

Alle weiteren Partien der letzten Runde endeten nach exakt 30 Zügen Remis und die Partie zwischen Nodirbek Abdusattorov und Wesley So dauerte zwar 39 Züge länger, endete aber ebenfalls mit einem Remis. Das war dann auch das 64. Remis in diesem Turnier. Also genauso viele Remis, wie Felder auf einem Schachbrett sind!

Dadurch kam es auch zu dem seltenen Tabellenbild, dass sich gleich sechs Spieler den letzten Platz teilen.

Was ist bei diesem Turnier passiert?
Alle Partien des WR Chess Masters 2023 könnt Ihr Euch hier nochmal ansehen.

Die wichtigste Partie des Tages im klassischen Schach war dann auch die kürzeste. Die beiden Tabellenführer Aronian und Gukesh verzichteten auf die Gelegenheit, sich in der letzten Runde zu duellieren und das Turnier auf direktem Weg zu gewinnen.

In einer Ragozin-Variante des abgelehnten Damengambits, wiederholten sie im 18. Zug in einer Stellung, die bereits dutzende Male zuvor erreicht worden war, die Züge. Und somit stand fest, dass die Entscheidung über den Turniersieg in einem Playoff fallen würde.

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Die zweite kritische Partie war die von Vincent Keymer gegen Nepomniachtchi. Mit einem Sieg hätte Vincent, vorausgesetzt, dass es in der Partie von Gukesh gegen Aronian einen Sieger gibt und Wesley So verlieren würde, sogar noch den geteilten zweiten Platz erreichen können. Keiner dieser Träume sollte sich verwirklichen.

Nepomniachtchi hingegen wusste nach dem schnellen Remis zwischen Aronian und Gukesh, dass er mit einem Sieg gegen Keymer das Turnier noch gewinnen konnte.

Als hätte er dieses Szenario vorausgeahnt, spielte Nepomniachtchi gegen Keymers schüchterne Eröffnung mit 4.e4 die aggressive Königsindische Verteidigung und nach dem Zug 8.b4 hatten die Spieler bereit eine fast neue Stellung erreicht – nur ein Spieler mit einem Rating von 1427 hatte diesen Zug schon zuvor gespielt.

Der Nummer zwei der Welt verpasste Keymer dann im 10. Zug einen isolierten Damenbauern. Eine Schwäche, mit der Keymer dann viele Stunden lang leben musste. Die Stellung war zwar ständig ausgeglichen, aber Schwarz konnte stoßen und schubsen und Weiß musste sich verteidigen und hatte nie die Möglichkeit, ein Ende der Partie herbeizuführen.

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Keymer hat sich dann über fünf Stunden lang akkurat verteidigt, aber ein fataler Rechenfehler im 59. Zug brachte Nepomniachtchi auf die Siegerstraße und wie er schon bei seinem inspirierenden Lauf beim Kandidatenturnier in Madrid gezeigt hat, benötigte er nur eine einzige Chance.

Großmeister Rafael Leitao zeigt uns die Partie:

R Praggnanandhaa und Andrey Esipenko spielten zum dritten Mal gegeneinander und zum ersten Mal endete eine Partie zwischen den beiden Remis. In den ersten beiden Partien hatte jeweils der Spieler, der Weiß hatte, gewonnen.


Obwohl die Partie nur 30 Züge lang dauerte, war sie extrem scharf. Um den 15. Zug herum schienen gleich drei schwarze Figuren in Gefahr zu sein, aber Esipenko hielt die Stellung zusammen.

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In der Partie zwischen Jan-Krzysztof Duda und Anish Giri, die ebenfalls nach 30 Zügen mit einem Remis endete, bekamen wir einen faszinierenden Kniff in einer Eröffnung zu sehen. Nach einem bekannten Bauernopfer in der Slawischen Verteidigung entkorkte Giri die Neuerung 12...h5!. Obwohl der Zug noch nie gespielt wurde, ist er die erste Wahl des Computers und die Engine gibt Schwarz danach sogar einen leichten Vorteil.

In der Partie hat Giri aber dann rochiert und damit hatte er auch genug, um die Stellung auszugleichen. Wenn er jedoch die Idee mit ... Th6-Tg8 gefunden hätte, hätte er auf leichten Vorteil spielen können. So wie es war, endete die Partie aber mit dem dritten Remis des Tages.

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Die erste Partie, in der der 31. Zug erreicht wurde, war die Partie zwischen Abdusattorov und So. Abdusattorov spielte am Samstag seine vierte Partie mit Weiß und hat zweimal mit 1.e4 und zwei weitere Male mit 1.d4 begonnen. In dieser Partie was es der Zug 1.d4 und daraus entstand eine Nimzo-Indische Verteidigung.

Nachdem der Usbeke dann einen Bauern für Initiative geopfert hatte, hatte er zwar die volle Kompensation für diesen Bauern, aber niemals mehr.

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Die Partie dauerte zwar 69 Züge, aber man könnte sagen, dass sie auch im 30. Zug entschieden war, denn genau im 30. Zug ging Weiß in ein Turmendspiel mit drei gegen zwei Bauern auf der gleichen Seite des Bretts und ab diesem Zeitpunkt war klar, dass So dieses Endspiel problemlos Remis halten würde.

Playoffs

Dass nach neun klassischen Partien gleich drei Spieler ganz oben auf der Anzeigetafel stehen, ist ein ziemlich seltener Umstand.

Bei den London Chess Classics 2015 waren es Magnus Carlsen, Maxime Vachier-Lagrave und Anish Giri und Carlsen konnte das Playoff gewinnen. Und beim Sinquefield Cup 2018 waren es Carlsen, Fabiano Caruana und Levon Aronian, aber hier wurde kein Playoff gespielt, sondern der erste Platz geteilt und bei der U.S. Senioren-Meisterschaft 2022 waren es gleich fünf Spieler, die sich den ersten Platz teilten und hier hat GM Alexander Shabalov das Playoff gewonnen.

Bei diesem Turnier besagten die Regeln, dass in diesem Fall ein Vollrundenturnier mit einer Bedenkzeit von 10+2 über den Turniersieg entscheiden würde. WGM Anastasiya Karlovich nannte dies bei der Live-Übertragung ein "Playoff der Generationen". Gukesh repräsentierte die junge Generation und Aronian und Nepomniachtchi wären sicher geschockt gewesen, wenn sie erfahren hätten, dass sie bereits zum "alten Eisen" gezählt werden.

In der ersten Partie spielte dann der alte Aronian mit Weiß gegen den jungen Gukesh.

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Die beiden wiederholten die Ragozin-Variante, aber diesmal hatte Aronian die Neuerung 13.Sd2 vorbereitet und hatte anscheinend geplant in dieser Partie nicht zu rochieren. Gukesh nahm dieses freundliche Angebot aber nicht an und musste dann mitansehen, wie sich Weiß ein starkes Zentrum aufbaute.

Das große Thema dieser Partie waren dann Gabeln, denn Aronian nutzte dieses taktische Motiv in der Partie gleich zweimal, um jeweils einen Bauern zu gewinnen.

In der nächsten Partie musste Aronian mit Schwarz gegen Nepomniachtchi antreten. Hier sahen wir eine kreative und auch starke Königswanderung des schwarzen Königs von g8 über f8, e7 und d8 nach c8. Nachdem Nepomniachtchi dann mit 35.Tg8 überzogen hatte, war er verloren.

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Im 44. Zug bekam Nepo dann noch die überraschende Chance, die Partie mit einer Unterumwandlung in einen Springer auf wundersame Weise zu retten, aber nachdem er diese Chance nicht erkannt hatte, hatte Schwarz endgültig gewonnen.

Danach gewann Gukesh mit Weiß gegen Nepomniachtchi. In Zeitnot unterlief Nepomniachtchi im 57. Zug ein Rechenfehler und 5 Züge später gab er auf.

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Diese Partie hatte aber letztendlich keinen Einfluss auf die Endwertung, denn nach der nächsten Partie war dieses Miniturnier bereits entschieden.

Gukesh-Aronian war eine Marathon-Partie. Sie dauerte 92 Züge und man könnten einen ganzen Artikel über diese Partie schreiben.

Um den 50. Zug herum fand sich Weiß einer alptraumhaften Stellung wieder, die zwar objektiv zu halten war, es aber keine Möglichkeit gab, ein Ende der Partie zu erzwingen. Im 83. Zug zeigte Aronian eine beeindruckende Technik, aber selbst nach dem Schlagen des a4-Bauern war der Gewinn nicht trivial.

Aronian zeigte seine Klasse, indem er es mit Sekunden auf der Uhr verwandelte. Wir mussten sogar Großmeister Leitao konsultieren, um Aronians Technik zu verstehen und selbst der musste in Dvoretskys Endspielhandbuch das Kapitel 11 nachlesen, um sie uns erklären zu können. Wir haben versucht, es so einfach wie möglich zu halten.

Praggnanandhaa hatte übrigens bei der letzten Schacholympiade genau dasselbe Endspiel auf dem Brett und konnte es mit der gleichen Technik gewinnen.

Aronian gewann damit 40.000 Euro und Gukesh und Nepomniachtchi, die auf ein Spiel um den zweiten Platz verzichteten, jeweils 20.000 Euro.

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Am Sonntag, dem 26. Februar, findet ab 13 Uhr noch ein Tandem Turnier statt, bei dem alle Teilnehmer des Turniers mitspielen werden.

Alle Partien vom Samstag (incl. Playoffs)

Abschlusstabelle

Das WR Chess Masters 2023 fand vom 15. bis zum 26. Februar im Hyatt Regency Hotel in Düsseldorf statt. Es war ein Rundenturnier für 10 Spieler mit einer Bedenkzeit von 120 Minuten für die ersten 40 Züge, gefolgt von 60 Minuten für die nächsten 20 Züge und 15 Minuten für den Rest der Partie. Ab dem 61. Zug bekamen die Spieler einen Bonus von 30 Sekunden für jeden gespielten Zug. Das Turnier war mit 130.000 Euro dotiert.

Weitere Berichte von WR Chess Masters (alle auf Englisch):

  • Keymer Beats So With Black; Aronian 'Over The Moon With Joy' After Saving Lost Game
  • Nepomniachtchi Declines Draw, Topples Leader; Gukesh Jumps Into Tie For 1st
  • So Survives Close Call Vs. Aronian, All Games Drawn
  • Aronian Cracks Berlin Defense, Leads By Full Point; Keymer Scores 1st Win
  • Fireworks In Clash Of Youth, No Blood Spilled In Day Of Draws
  • Aronian Slays Sicilian Dragon, Assumes Sole Lead
  • Abdusattorov Wins With Greek Gift, Gukesh Triumphs In Indian Clash
  • Tactics, Traps, Tricks at WR Masters
Levon Aronian gewinnt das WR Chess Masters in Düsseldorf (2024)
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